„Als ob’s kein Morgen gäbe“

Die Welt ist ungerecht. Autokäufer sind da keine Ausnahme. Seat, die spanische VW-Tochter, wird konzernintern unter Wert geschlagen. Trotz eines Aufwärtstrends der Marke. Und trotz hervorragender Autos, die vergleichbare VW-Modelle preislich unterlaufen. Doch jetzt gibt’s interessante Seat-Neuheiten. Eine davon hat uns im Kurztest begeistert: der Alhambra 4WD. Auch Seat-Boss Wolfgang Wurm weiß, was er an „seinem“ großen Van hat.

Mag. Wolfgang Wurm „Wird der Alhambra geordert, schlagen manche Fuhrpark-Betreiber bei den Optionen zu, als ob’s kein Morgen gäbe.“ Wolfgang Wurm, Geschäftsführer der Seat-Importgesellschaft Allmobil, blickt ins Gesicht eines verdutzten Journalisten, der sich so viel Offenheit nicht erwartet hat. Doch im selben Atemzug liefert Wurm die plausible Erklärung: „Wen wundert’s? Unsere attraktiven Ausstattungspakete sind unsere Stärke!“

Wen wundert es wirklich? Im Volkswagen-Konzern wird bekanntlich nichts dem Zufall überlassen. Schon gar nicht bei der Markenstrategie, die bis auf den i-Punkt ausgefeilt ist. Ergo ist die Liste an Sonderausstattungen bei der Marke Seat in der Regel gestraffter als bei der Marke VW, was sich bei den baugleichen Van-Brüdern Alhambra und Sharan besonders deutlich widerspiegelt. Die Spanier offerieren dafür mehr reizvolle Optionspakete, auf die gern zugegriffen wird.

Doch das Image spielt bei der Kundschaft offensichtlich eine noch größere Rolle – selbst bei den Van-Zwillingen, die man eben deshalb erst auf den zweiten Blick voneinander unterscheiden kann. So wurden vom VW Sharan in den ersten sieben Monaten dieses Jahres hier zu Lande beachtliche 3.456 Stück abgesetzt, während sich Allmobil beim Seat Alhambra mit 1.446 verkauften Exemplaren „begnügen“ musste (Quelle: Statistik Austria). Trotzdem: Es geht aufwärts bei Seat – mit einem Zuwachs von fast 25 Prozent, wodurch ein Marktanteil von fünf Prozent erzielt worden ist.

„Wegen dieser Imagegründe“, ergänzt Wurm, „ergeben sich beim Restwert der Autos zwar gewisse Differenzen zu Gunsten von VW, am Ende verbucht Seat aber kostenmäßig immer noch kleine Vorteile für den Kunden.“

Am Anfang liegt Seat freilich noch weiter vorn. Vergleicht man die günstigsten Allrad-Modelle der beiden identisch motorisierten Vans miteinander, ergibt sich beim Anschaffungspreis – ungeachtet der jeweiligen Ausstattung – eine Differenz von immerhin 3.890 Euro. So kostet der Einstieg beim VW Sharan 4Motion (Trendline) 39.090 Euro, beim Seat Alhambra 4WD (Reference) nur 35.200 Euro. Allerdings gibt’s bei Seat den Vermerk: „Startbonus in Höhe von € 1.500,- bereits im Listenpreis berücksichtigt. Gültig bis auf Widerruf.“

Davon abgesehen haben die Preise seit Mitte März, als sie erstmals kommuniziert wurden, bei beiden Anbietern ein wenig angezogen – „inflationsbedingt um zirka ein Prozent“, wie wir auf Anfrage von Allmobil erfahren.

Und noch etwas hat sich seither beim Alhambra geändert: Entgegen ursprünglicher Planung wird die 4WD-Version nicht allein als Fünf-, sondern ab sofort auch als – beliebter – Siebensitzer angeboten. Was es dagegen nicht geben wird, ist der spezielle Sechssitzer (2+2+2), der für den Spätherbst vorgesehen war.

Die Brutto-Preise für den Seat Alhambra 4WD (inkl. Startbonus) im Detail:
35.200 Euro (Modell Reference, fünfsitzig, plus 797 Euro fürs Siebensitzer-Paket)
37.700 Euro (Modell Style, fünfsitzig, plus 797 Euro fürs Siebensitzer-Paket)
43.640 Euro (Sondermodell GT, fünfsitzig, oder um 45.040 Euro siebensitzig)

Sollte jemand bei den Links auf die PDF-Seiten die knallig-roten Hinweise übersehen haben: Es versteht sich von selbst, dass der Alhambra die Berechtigung zum Vorsteuer-Abzug besitzt.

Spürbar im Allradler: die hohe Fahrstabilität – aber auch das höhere Gewicht

In der VW-Gruppe ist er mittlerweile der „Allrad-Motor“ schlechthin: der 140 PS starke Zweiliter-TDI, der als einziges Triebwerk auch im Alhambra 4WD zum Einsatz kommt (ebenso wie im Sharan 4Motion). In Kombination mit dem butterweich zu schaltenden Sechsgang-Getriebe bereitet das kultivierte Dieselaggregat ausgesprochen viel Fahrfreude.

Getrübt wird diese jedoch auf steilen Passagen. Spätestens dort lässt sich das Mehrgewicht des Allradlers gegenüber dem Fronttriebler (117 Kilo gemäß den technischen Daten) nicht mehr verleugnen. Zumal aus dem 1,9-Tonner bei voller Beladung ein 2,5-Tonner werden kann, der dann nicht nur auf Serpentinen ein paar zusätzliche Pferdestärken vertragen könnte.

Andererseits dürften sich die Bedürfnisse von Motorjournalisten nicht immer mit jenen der Konsumenten decken. Ein Geständnis, das sich leider aufdrängt, nachdem uns Service-Gebietsleiter Stefan Resinger über die wahren Wünsche der Alhambra-Klientel aufklärt: „Selbst beim schwereren Allradler würde vielen Kunden der 115-PS-TDI genügen“, weiß der langjährige Seat-Mitarbeiter. Von wegen Land der Berge…

Prioritäten in anderen Leistungsklassen erkennt dagegen Importeur-Chef Wolfgang Wurm, der Auto-Kaufberatung.at mit der Information füttert, „dass unsere Kunden vermehrt nach der Alhambra-Kombination Allrad plus Automatik fragen. Daher glaube ich, das ein Alhambra 4×4 mit DSG und dem starken 170-PS-TDI ein echter Renner wäre.“

Ein Renner – im wahrsten Wortsinn – ist jedenfalls das blitzschnell agierende Allrad-System mit Haldex-Kupplung, das im Extremfall die gesamte Antriebskraft an die Hinterräder leitet. Vorzüge, die sich in der Praxis durchaus bemerkbar machen: zum Beispiel bei Almauffahrten, wo dem Lenkeinschlag beim flotten Wechsel von Schotterweg auf schmierigen Weiderost artig gefolgt wird. Man spürt regelrecht, wie die Elektronik dabei mit dem Fahrwerk beschäftigt ist. Ein klares Indiz dafür, dass sich ein Alhambra-Fronttriebler den Direktiven der Lenkung nicht so ohne weiteres gebeugt hätte. Zumindest wäre der Regeleingriff durchs ESP etwas dramatischer ausgefallen.

Überzeugt haben außerdem die Bremsen, die sich traumhaft präzise dosieren lassen. Natürlich alles nur subjektive Eindrücke, die während einer rund 150 Kilometer langen Probefahrt mit zwei verschiedenen Allrad-Alhambras gewonnen wurden. Wir haben daher noch die Erfahrungswerte eines Alhambra-Besitzers über die allgemeinen Qualitäten des großen Seat-Van eingeholt.

„Die größten Fortschritte hat der neue Alhambra beim Fahrwerk gemacht!“

Rund 50.000 Kilometer legt er im Außendienst jährlich zurück: Ernst Haider ist Gebietsleiter beim Autoteile-Spezialisten Rothmund & Konhäuser. Seit Juni fährt der 51-Jährige als Firmenwagen einen im Jänner 2011 zugelassenen Alhambra. Zwar „nur“ den Fronttriebler (der Allradler ist ja ganz taufrisch am Markt), aber mit dem gleichen Triebwerk wie im 4WD-Modell: dem 140-PS-TDI. Mittlerweile hat er mit dem Seat, den er mit einer Fahrleistung von rund 4.500 km übernommen hat, weitere 13.000 Kilometer abgespult.

Damit nicht genug: Bis vor kurzem nutzte Haider, der außerdem über eine umfassende Ausbildung als Automechaniker verfügt, als Privat-Fahrzeug ein Vormodell aus der „Drillings-Ära“ (Ford/Seat/VW), mit dem er etliche Jahre unterwegs war. Der Mann kennt die deutsch-spanischen Großraum-Limousinen also aus dem Effeff.

„Den größten Fortschritt gegenüber dem Vorgänger“, kommt Haider gleich auf den Punkt, „hat der Alhambra beim Fahrwerk gemacht. Das Auto verhält sich in Kurven selbst bei Geschwindigkeiten noch neutral, bei denen der Vorgänger schon deutlich untersteuert hat. Außerdem liegt das neue Modell wesentlich ruhiger, Fahrbahn-Unebenheiten dringen nicht durch, und von Windgeräuschen wird man auch nicht begleitet. Das lässt natürlich auch Rückschlüsse auf die Karosserie-Verarbeitung zu, der Qualitätseindruck ist insgesamt sehr hoch.“

Und in dieser Tonart geht’s weiter: „Von der Funktionalität des Cockpits bin ich begeistert, bis hin zum logisch und einfach zu handhabenden Tempomat. Und der für lange Strecken ideale Fahrersitz ist überhaupt das Beste, worauf ich je in einem Auto gesessen bin.“ In Standardausführung, versteht sich. Womit Ernst Haider weniger gut leben kann, „ist die fehlende Neigungsverstellung der Kopfstützen“. Dazu mehr in der Foto-Galerie.

Zum Wohlbefinden in Haiders Alhambra trägt freilich auch dessen Komfort-Ausstattung bei. Vor allem die Drei-Zonen-Klimaautomatik, die Teil des preisgünstigen „Österreich-Pakets“ ist. Haider: „Sogar bei extremen Außentemperaturen von 38 Grad erzielt man schon nach vier bis fünf Kilometern in dem großen Innenraum rund 23 Grad. Eine tolle Klimaleistung!“

Eine tolle Verbrauchsleistung liefert hingegen das sparsame Diesel-Aggregat (selbstverständlich samt Start-Stopp-System und Rekuperation), dessen Norm-Mix jedoch vom 4WD-Modell klarerweise abweicht: Beim gewichtigen Allradler beträgt er 6,0 l/100 km, was einem CO2-Ausstoß von 158 g/km entspricht. Haiders fünfsitziger Fronttriebler bescheidet sich dagegen mit 5,5 l/100 km und einem CO2-Wert von 143 g/km.

„Viel mehr“, freut sich Ernst Haider, „benötigt mein Alhambra mit immerhin 1.700 Kilo Leergewicht im Alltag aber auch nicht. Rechnerisch habe ich einen Praxisverbrauch von 6,1 Litern ermittelt, der Bordcomputer zeigt 6,2 Liter an.“ Noch Fragen?

Website des Importeurs: www.seat.at

Stand: August 2011

Dieser Beitrag wurde unter Alhambra 2.0 TDI CR 4WD, Probefahrten, Seat veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.