Damenwahl für lange Reisen

In den letzten acht Jahren fuhr der Autor dieser Zeilen diverse Viano- und Vito-Modelle. Die Begeisterung hielt sich dabei in Grenzen. Doch im Vorjahr kam die neue Generation. Und die Enttäuschung von einst war Geschichte. Mercedes bietet heute einen der komfortabelsten Kleinbusse an. So wurde auch „unser“ Viano von den Passagieren mit Lob überhäuft. Ein weiblicher Fahrgast: „Wie Zugfahren erster Klasse!“

Mercedes Viano CDI 3.0 Ambiente Bei den Karosseriemaßen repräsentiert das Viano-Testexemplar, ein CDI 3.0 in langer Version, die goldene Mitte. Gegenüber dem „kompakten“ Modell erweitert sich der Mindest-Laderaum von 430 auf 730 Liter. Als Dritten im Bunde gibt es das „extralange“ Modell mit noch mehr Lade- und Fahrgastraum. Konkret: Die Viano-Blechkleider erstrecken sich wahlweise über eine Länge von 4.763, 5.008 oder 5.238 mm.

Doch egal, für welches Format man sich entscheidet – es ist die gelungene Gesamtkomposition, die den Mercedes aufs Podest der besten Kleinbusse hievt. Wenngleich wir zur Erkenntnis kamen, dass Antriebskonzepte nicht immer halten, was sie vom Prinzip her versprechen. Denn zumindest in Sachen Fahrdynamik muss sich der Hecktriebler Viano vom Fronttriebler VW T5 geschlagen geben. Vom Fronttriebler Ford Transit übrigens auch.

Datenblatt
Motor 24V-V6-Turbodiesel, 2.987 ccm, Partikelfilter, Euro 5
Leistung 165 kW/224 PS bei 3.800/min
Spitze 201 km/h
Testverbrauch 9,6 l/100 km
Normverbrauch 8,6 l/100 km
CO2 226 g/km
L/B/H 5.008/1.901/1.875 mm
Leergewicht 2.162 kg
Gesamtgewicht 3.050 kg
Preis EUR 45.930,- exkl. Steuern; EUR 65.641,- inkl. 13% NoVa und 20% MwSt. Vorsteuerabzugsfähig
Stand: Juli 2011

Der Sternenträger hat andere Qualitäten. Zwar vermittelt er ein Gefühl der Schwere (hier erfüllen sich traditionelle Erwartungen), nicht aber der Behäbigkeit. Beim Rangieren zeigt er sich wendig. Beim Fahren besticht er durch Präzision: erstens dank der zielgenauen Lenkung, zweitens dank der punktgenau dosierbaren Bremsen, die ziemlich weich greifen, aber kräftig verzögern.

Und drittens dank des nunmehr superb abgestimmten Fahrwerks, das dem Viano eine überragende Fahrsicherheit verleiht. Nur mit Agilität hält er sich, wie schon erwähnt, eher zurück. In flotten Kurven schiebt er vorerst über die Vorderräder und dann ziemlich unverblümt das ESP in den Vordergrund. Provozieren lässt er sich also nicht, der Mercedes.

Weitaus charmanter gibt sich der Federungskomfort des Viano. Schon von Haus aus vorzüglich, brilliert der Testkandidat mit Ambiente-Ausstattung durch die serienmäßige Luftfederung. Wer es stattdessen – zumindest als Selbstfahrer – sportlicher liebt, sollte das Viano-Sondermodell „Edition 125“ näher betrachten. (Und wer sein Sparbüchl liebt, sollte zuvor einen Blick auf die „A-Edition“ werfen.)

Verwöhnt werden die Insassen außerdem durch eine leistungsstarke Klimaautomatik (allerdings gegen Aufpreis, Serie ist eine normale Klimaanlage) sowie sechs opulente Einzelsitze (großteils variabel und ausbaubar) und natürlich sehr viel Bewegungsfreiheit (oder optional maximal acht Sitzplätze).

Ein weiteres Zuckerl für Passagiere: die aufwändige Geräuschdämmung. Im geschlossenen Viano lässt sich’s im Flüsterton plaudern. Eine Tugend, die vom kultivierten V6-Selbstzünder noch unterstützt wird. Das auf 224 PS erstarkte Dreiliter-Triebwerk kooperiert harmonisch mit der serienmäßigen Fünfgang-Automatik, zieht souverän durch und verhilft dem 2,2-Tonner zu überlegenen Fahrleistungen. Wofür sich der Viano fair belohnen lässt: im Testmittel mit 9,6 Litern auf 100 km.

Weit oben rangiert beim Mercedes aber nicht nur der Komfort- und Sicherheitslevel (zahlreiche Airbags und E-Hilfen verstehen sich von selbst), sondern traditionell auch der Anschaffungspreis. Das mit Extras üppig ausstaffierte Testfahrzeug – z.B. mit hervorragend funktionierenden E-Schiebetüren – schlägt mit glatten 60.000 Euro zu Buche. Netto, wohlgemerkt!

Ob man dafür den (fast) perfekten Reisebus erhält? Eine junge Dame bringt es auf den Punkt: „Noch nie war ich nach einer vierstündigen Fahrt derart entspannt. Das war wie Zugfahren erster Klasse.“

SENIOREN SPECIAL  (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)

First-class-Komfort? „Absolut“, attestiert auch unser Seniortester. „Da bin ich mit den Jungen einer Meinung. Aber nicht nur wegen der angenehmen Federung, sondern weil die ohnehin niedrige Ladekante in der Höhe variiert werden kann, was meine Wirbelsäule zu schätzen weiß.“ Die Niveauregulierung war eben schon immer das beste „Abfallprodukt“ einer Luftfederung.

Doch: „Wenn einem die Passagiere lieb sind, sollte man in die gesonderte Klimatisierung für den Fond investieren.“ Die gibt’s beim Ambiente freilich nur in Kombination mit der Klimaautomatik. Macht in Summe knapp 1.400 Euro netto. „Und natürlich in die feinen Elektro-Schiebetüren mit dem narrensicheren Warnblinker. Einklemmen so gut wie ausgeschlossen.“ Ist ein Argument. Kostet aber weitere 1.568 Euro netto.

Gefiel auch etwas an der aufpreisfreien Ausstattung? „Selbstverständlich! Die Orientierungsleuchten im Innenraum – am Boden, an den Griffen. Da hat jemand mitgedacht.“ Und nicht zu vergessen: „Die Xenon-Scheinwerfer mit Abbiege- und Kurvenlicht. Für ältere Semester ein Muss. Auch wenn ich mir von der Leuchtweite ein bisserl mehr erwartet habe. Der Unterschied zu gutem Halogen-Abblendlicht hat mich nicht voll überzeugt.“

Und noch was störte den Senior: „Als ich chauffiert habe, war ich mir nie sicher, ob ich die elektrischen Ausstellfenster hinten geöffnet oder geschlossen habe. So ging’s mir zwar schon bei manchem Van. Aber die Perfektionisten von Mercedes könnten sich da mal ein g’scheiteres Bediensystem einfallen lassen. Am besten wäre eine Kontrollleuchte.“ Na ja, vielleicht zu viel des Guten.

Wirklich begeistert zeigte sich unser Seniortester vom Durchzugsvermögen des Sechszylinder-Diesels. Zwar sei der Viano „für Unerfahrene am Steuer eher zu kräftig, aber ich habe noch nie mit einem Bus derart geschmeidig Überholmanöver erledigt. Diese Power und die satte Straßenlage sind sein eigentliches Sicherheitsplus.“

Website des Importeurs: www.mercedes-benz.at

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