Datum: 15. Januar 2013

R1234yf: Nicht so heiß gegessen wie gebrannt?

Seit geraumer Zeit findet in Klima-Anlagen das neue Kältemittel R1234yf Verwendung. Doch das soll brandgefährlich sein, warnt Mercedes nach eigenen Crash-Tests. Weshalb es derzeit bei vielen Auto-Herstellern „vorsorglich“ nicht zum Einsatz kommt. Käufer von Neuwagen wissen trotzdem nicht immer, was sie erwartet. Zumal der Autohandel selten auf dem Laufenden ist, wie Auto-Kaufberatung.at dieser Tage erfahren hat.

Kältemittel R1234yf Autobauer, die ihre neuen Modelle bis zum 31.12.2010 homologieren ließen, sind in gewisser Hinsicht fein raus. Denn diese Fahrzeuge dürfen gemäß EU-Richtlinie bis Ende 2016 mit dem alten Kältemittel R134a von den Fließbändern laufen. Dieses gilt zwar als überaus klimaschädlich (Treibhausgas Tetrafluorethan), weshalb man auch das Umwelt schonende R1234yf entwickelt hat. Doch das neue Kältemittel soll leicht entflammbar sein, wie Mercedes aufgrund interner Versuche seit dem Herbst des vorigen Jahres behauptet.

Seither ist auch in der Branche Feuer am Dach. Zum einen, weil viele Autohersteller das Testverfahren von Mercedes nicht nachvollziehen können (oder wollen?). Zum anderen, weil die Konsumenten natürlich verunsichert sind. Seit diese Diskussion entflammt ist, die vor allem vom deutschen Fachblatt Auto Bild regelmäßig neu entzündet wird, liegt daher Brandgeruch in der Luft – und für Autokäufer die Entscheidung klar auf der Hand: Wer lieber auf Nummer Sicher gehen will (und vielleicht auch im Hinterkopf hat, dass das neue Kältemittel beim Klima-Service um ein Vielfaches teurer kommt als das alte), legt sich einen Neuwagen mit „unsauberem“, aber auch „ungefährlichem“ R134a zu.

Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn man Pech hat und bei den Autohändlern der offenbar einzig zuständige Mitarbeiter jedes Mal außer Haus ist. So geschehen bei vier nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Mazda-Vertragspartnern, mit denen Auto-Kaufberatung.at telefonisch Kontakt aufnahm. Dabei gaben wir uns als potenzieller CX-5-Käufer aus. Zumal das beliebte Mazda-SUV ja nicht mehr mit dem neuen R1234yf, sondern dem alten R134a befüllt wird. Doch da ein heute bestellter CX-5 voraussichtlich erst im Juni geliefert wird, wollten wir wissen, ob der dann auch garantiert mit dem „unproblematischen“ Kältemittel ausgerüstet sei.

Ergebnis: Wir wurden zwar von allen Ansprechpartnern zuvorkommend behandelt, einmal auch zurückgerufen, waren danach aber genauso schlau wie zuvor. Niemand konnte resp. wollte uns garantieren, dass der begehrte Mazda CX-5 auch noch in einem halben Jahr mit dem Kältemittel R134a ausgeliefert wird. Selbst nicht jener kompetente Werkstätten-Meister (der Neuwagen-Verkäufer befand sich auf Urlaub), der sich mit diesem Thema intensiv beschäftigte und uns sogar über die Kosten für ein R1234yf-Servicegerät aufklärte…

„Auch ein Mazda CX-5 mit neuem Kältemittel ist absolut betriebssicher!“

Demnach gibt es für einen CX-5-Interessent anscheinend keine Gewähr, ein Auto mit altem Kältemittel zu bekommen? „Das stimmt nicht“, sagt dazu Mazda Austria-Pressesprecher Jo Deimel, den Auto-Kaufberatung.at auf der Vienna Autoshow um eine Stellungnahme ersuchte. „Seit Juni 2012 verwendet Mazda definitiv nicht mehr das neue Kältemittel! Das gilt natürlich genauso für den neuen Sechser.“

AKB: Also hat auch Mazda erkannt, dass das neue Kältemittel ein gewisses Brandrisiko in sich birgt?
Deimel: Diese Annahme ist falsch! Mazda garantiert nach wie vor, dass auch die erste CX-5-Tranche, die noch mit dem neuen Kältemittel ausgeliefert wurde, absolut sicher ist. Faktum ist: Es gibt ein Mercedes-Statement zu dem Thema. Demnach wurden eigene Tests gemacht, die ergeben haben, dass sich das neue Kältemittel R1234yf unter gewissen Bedingungen entzünden kann. Demgegenüber gibt es aber zahlreiche andere Hersteller, zu denen auch Mazda gehört, die dem neuen Mittel absolute Sicherheit attestieren.

AKB: Wie soll man das jetzt auffassen? Der eine Hersteller warnt vor dem neuen Kältemittel, der andere meint, es ist eh alles in Ordnung. Wem werden Konsumenten da wohl eher Glauben schenken?
Deimel: Nicht der eine und der andere Hersteller. Es gibt eine einzige Meinung am Markt, wonach das neue Kältemittel unsicher sei. Wir nehmen diese Meinung zwar sehr ernst, aber unseren sowie unabhängigen Tests zufolge ist das neue Mittel sicher. Doch ungeachtet dessen und was weitere Tests noch ergeben, will Mazda seine Kunden keinesfalls verunsichern. Nur deshalb setzen wir das alte Kältemittel ein. Wir dürfen es ja auch verwenden, weil sowohl der CX-5 als auch der Mazda6 noch vor dem entsprechenden Stichtag homologiert wurden, sodass wir keine horrende EU-Pönale von rund 650 Euro pro Auto zahlen müssen. Für uns ergibt sich also aus der Verwendung des alten Mittels keinerlei Nachteil. Für die Umwelt ist es dagegen durchaus von Nachteil.

AKB: Angenommen, es gerät ein „früher“ CX-5 mit neuem Kältemittel in Brand. Wie ist es dann um die Garantie von Mazda bestellt?
Deimel: Sollte so etwas tatsächlich passieren, wird man wohl erst die Brandursache klären müssen. Denn noch einmal: Auch ein CX-5 mit neuem Kältemittel ist absolut betriebssicher! Darüber hinaus gibt es ja noch andere Fakten, die einen Vergleich mit Mercedes verbieten: Weil die Bedingungen, unter denen bei Mercedes die Brände entstanden, hohe Betriebs-Temperaturen waren. Temperaturen, die bei den neuen Mazda-Baureihen mit den hoch verdichteten Skyaktiv-Motoren nie erreicht werden können.

Trotzdem: Auto-Kaufberatung.at empfiehlt, sich den Kauf eines Fahrzeugs, das nur mit neuem Kältemittel angeboten wird, sorgfältig zu überlegen. Schwer zu verstehen ist außerdem, dass die Auto-Industrie vom Mercedes-Testergebnis „völlig überrascht“ war, wie es erst kürzlich wieder hieß. Denn schon im September 2008 (!) hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Brennbarkeit von R1234yf nachgewiesen, wobei hochtoxische Gase freigesetzt werden.

Ebenso ist es kein Geheimnis, dass die DUH für das natürliche Kühlmittel CO2 votiert, das allerdings aus vielerlei Gründen bei Material und Wartung erhebliche Mehrkosten verursacht. Aber nicht nur das: In den USA hätte die alternative CO2-Lösung wahrscheinlich keine Chance, weil ausgerechnet der weltweit zweitstärkste Kohlendioxid-Erzeuger diesbezüglich Bedenken anmeldet. Und schließlich will man nicht nur einen EU-weiten, sondern globalen Kältemittel-Standard erzielen. Irgendwann.

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