Avantgardismus light

Seit Jahresbeginn bereichert Citroëns neuer C4 das gemeinhin als „Golf-Klasse“ bekannte Kompakt-Segment. Auf dem Markt spielt es freilich keine kompakte, sondern eine gewaltige Rolle. Weshalb Citroën einst den Pfad des polarisierenden Avantgardismus verließ und seither hauptsächlich „brave“ Kompakt-Autos baut. So wie den C4 der zweiten Generation. Seine konservativen Qualitäten dürften aber auch Traditionalisten versöhnen.

Citroën C4 VTi 120 Exclusive Zur „Ehrenrettung“ des C4: Er hält zumindest das eine oder andere elektronische Gimmick parat, über dessen Sinn man geteilter Meinung sein kann – serienmäßig in der Top-Ausstattung, optional auch eine Ausstattungsstufe darunter. Dabei geht’s um diverse Klang- und Farbenspiele, auf die wir aber erst später näher eingehen. Schließlich wollen wir ein gutes Auto nicht auf solche Nebensächlichkeiten reduzieren.

Apropos: Reduzieren auf angestammte Werte lassen sich Automarken ja schon lange nicht mehr. Das betrifft mittlerweile auch die Anschaffungskosten. Preisgünstige Modelle müssen nicht zwangsläufig asiatischer Herkunft sein. Für diese Erkenntnis genügt ein Blick auf die Preisliste des brandneuen Citroën C4, wo Lager-Fahrzeuge zu ausgesprochen reizvollen Aktionspreisen feilgeboten werden.

Datenblatt
Motor 16V-Vierzyl.-Benziner, 1.598 ccm, Euro 5
Leistung 88 kW/120 PS bei 6.000/min
Spitze 193 km/h
Testverbrauch 7,2 l ROZ 95/100 km
Normverbrauch 6,3 l ROZ 95/100 km
CO2 146 g/km
L/B/H 4.329/1.789/1.489 mm
Leergewicht 1.295 kg
Gesamtgewicht 1.765 kg
Preis EUR 23.290,- (in Aktion: 20.790,-) inkl. 7% NoVA und 20% MwSt. für Top-Ausstattung „Exclusive“
Stand: August 2011

Am Beispiel des Testexemplars: Der C4 mit dem 120 PS starken Benziner und der beinahe schon luxuriösen „Exclusive“-Ausstattung wird von bestimmten Citroën-Händlern bereits um 20.790 Euro offeriert. Dabei noch gar nicht abgezogen ist der „zusätzliche Lagerbonus“ in Höhe von 1.000 Euro, der bis Ende August gilt – also nur noch wenige Tage! Vielleicht wird das Bonus-Angebot aber auch wieder verlängert. Denn zuvor war es schon auf Juni bzw. Juli beschränkt. Definitiv begrenzt ist nach Angaben des Importeurs allerdings die Farb- und Modellauswahl. Jedenfalls derzeit.

Keine Einschränkung erfordert dagegen das großzügige Gepäckabteil des neuen C4, dessen Blechkleid gegenüber dem Vorgänger etwas gewachsen ist. Ein Vorzug, den Citroën gern ins Treffen führt, zumal der Grund-Laderaum von 408 Litern der größte in der heiß umkämpften „Golf-Klasse“ ist. Der um 13 Zentimeter kürzere Namenspatron und Hauptgegner des C4 bietet zwar nur 350 Liter, kann dafür aber beim maximalen Stauvolumen punkten: Dank komplett umklappbarer Fondbank verdaut der VW Golf bis zu 1.305 Liter, während man sich im C4, bei dem sich nur die Lehnen der Fondsitze vorklappen lassen, mit 1.183 Litern begnügen muss.

Knapp über dem Klassenschnitt liegt das Platzangebot für fünf Insassen im C4. Auch langbeinige Fahrer finden eine ordentliche Sitzposition. Wer jedoch über 1,90 Meter misst, würde sich über ein oder zwei Zentimeter mehr Längsverstellung beim Vordersitz freuen. Aber hier meckern wir bereits – im wahrsten Wortsinn – auf einem hohen Niveau.

Zumal dieses hohe Niveau erfreulicherweise auch bei Materialanmutung und Verarbeitungsgüte erreicht worden ist. Womit wir bei den „konservativen Qualitäten“ wären, von denen eingangs die Rede war. Citroën vollzieht in dieser Beziehung einen Wandel, wie ihn vor allem die neuen Modelle der DS-Linie repräsentieren – mit denen man ja überdies den Versuch unternimmt, die Tradition unkonventioneller Automobile wiederzubeleben.

Motorisch hingegen waren die Franzosen fast immer konventionell unterwegs. Der 1,6-Liter-Saugbenziner im C4 ist dafür ein klassisches Beispiel. Mit allen Tugenden und Untugenden: Einerseits gefällt er durch Drehfreude, wobei er mit zunehmenden Touren sogar einen trompetenartig sportlichen Sound entwickelt, der die Gehörgänge umschmeichelt. Andererseits wird er diesem Sound nicht wirklich gerecht, weil sich das Sprintvermögen seiner 120 Pferde in Grenzen hält. In der fünften und damit höchsten (!) Fahrstufe der leichtgängigen Getriebeschaltung lassen sie sich nur noch zögerlich auf Trab bringen.

Fehlt es also an Durchzug, sind Drehzahlen für flotten Vortrieb angesagt. Bedingungen, die den Verbrauch eigentlich in die Höhe treiben sollten. Umso mehr haben uns die im Testmittel erzielten 7,2 Liter Super auf 100 Kilometer positiv überrascht. Trotzdem: Wer fahren will wie Gott in Frankreich, sollte sich gleich bei den Selbstzündern umsehen. Die meisten gallischen Diesel sind ein Gedicht.

Von seiner Schokoladenseite zeigt sich der C4 wiederum beim Fahrverhalten. Bloß mit der etwas gefühllosen Lenkung, die sich lediglich durch Frontantriebs-Einflüsse bemerkbar macht, wurden wir nicht richtig glücklich. Ihr ist es auch zuzuschreiben, dass der Citroën trotz superber Straßenlage nicht unbedingt zum Kurvenräubern einlädt.

Das Fahrwerk überzeugt außerdem durch eine ausgewogene Feder-/Dämpfer-Abstimmung. Kleine Schönheitsfehler, die nicht jeder registriert: Bei langen Bodenwellen neigt das Auto zu leichtem Aufschaukeln, und voll beladen reagiert es auf grobe Querfugen ein bisserl ruppig.

Eindrücke, die wir bei mittelmäßigen Testkandidaten wahrscheinlich gar nicht hervorheben würden. Doch der neue C4 hat sich das Jammern auf hohem Niveau redlich verdient. Und das bei Aktionspreisen, denen seine stärksten Konkurrenten kaum Paroli bieten können.

SENIOREN SPECIAL  (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)

„Gut, dass der Citroën in der Exclusive-Version aufpreisfrei über eine Einparkhilfe verfügt, denn die Sicht nach hinten ist bei der breiten Dachsäule eine Zumutung“, jammert unser Seniortester weiter. Und meint im gleichen Atemzug, dass der C4 da heutzutage leider keine Ausnahme sei.

Und wie gefällt der älteren Generation das, sagen wir mal, etwas unverbindliche Design? „Ihr werdet lachen, aber ich finde das Styling ausgesprochen gelungen! Ein schönes Auto, auch wenn die Marken-Identifikation zumindest bei der Heckpartie auf der Strecke geblieben ist. Aber da ist der C4 heute…“ Wir wissen es schon: keine Ausnahme mehr.

Das betrifft weitgehend auch (und damit haben wir den „Keine-Ausnahme“-Hattrick) die nach Senior-Ansicht „recht hohe Ladekante in Kombination mit der recht tiefen Ladefläche. Für mich persönlich zwar etwas beschwerlich, aber kein Kauf-Hinderungsgrund, zumal es sicher der Karosserie-Steifigkeit dient.“

Ein Gag im Top-C4 sind die vier wählbaren „polyphonischen Töne“ für Warnsignale und den Blinker sowie die „benutzerdefinierte Farbeinstellung“ der drei Rundinstrumente. Akustisch-optische Cockpit-Zutaten (siehe auch Foto-Galerie), denen der Senior anfangs nicht viel abgewinnen kann: „Braucht man solche Spielereien noch als Ergänzung zur ganzen Informationsflut, die einen eh schon überfordert? Man sollte einmal über die tiefere Bedeutung des Begriffs ,Ab-Lenkung’ nachdenken. Der sagt doch schon alles.“

Danach folgt allerdings eine Differenzierung: „Okay, die Wahlmöglichkeit bei den teilweise nervtötenden Warntönen ist vielleicht doch keine so schlechte Sache.“

Absolut sinnvoll in den Augen des Seniortesters ist dagegen „der nicht nervende, sondern praxistaugliche Regensensor, weil er die Scheibenwischer wirklich dann aktiviert, wenn’s notwendig ist.“ Dieser ist beim Exclusive natürlich ebenso serienmäßig wie die Massagefunktion in den Vordersitzen: „Ich hab’ erst befürchtet, dass man während der Fahrt durchgerüttelt wird. Stattdessen wird das Steißbein in großen Intervallen sanft massiert, wodurch eine verkrampfte Sitzhaltung vermieden wird.“

Angetan zeigt sich der Senior außerdem von der elektrischen Parkbremse („nie wieder kann unsereiner vergessen, das Auto vorm Wegrollen zu sichern“), vom Parklücken-Detektor („welch ein Blödsinn dachte ich zuerst, aber wenn man sich an den Umgang damit gewöhnt hat, will man’s nicht mehr missen“) und vor allem vom automatischen Notruf-System („wenn’s um Minuten geht, ein echter Lebensretter“).

Nachsatz: „Es ist schon beeindruckend, womit man um rund zwanzig Tausender bei Citroën verwöhnt wird.“ Recht hat er.

Website des Importeurs: www.citroen.at

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