Seat-Chef: „Design ist Kaufgrund Nummer eins“

Wenn Seat-Kunden ein Licht aufgeht, dann freut sich der Händler. Man stelle sich vor: Einst führte der Leon, Seats Pendant zum VW Golf, in der Top-Ausstattung FR ein Schattendasein. Magere vier Prozent hat der Anteil betragen. Heute sind es 48 Prozent! Fast die „Absolute“. Woran das liegt, verrät Seat-Chef Wolfgang Wurm im Exklusiv-Interview. Und was der neue Seat Toledo drauf hat, verrät die Probefahrt von Auto-Kaufberatung.at.

Seat Toledo 1.6 TDI CR Ecomotive Style Eines weiß Mag. Wolfgang Wurm, Geschäftsführer des heimischen Seat-Importeurs Allmobil, mit Sicherheit: „Dass ältere Menschen und vor allem Frauen, die mit ihren Kindern oft nur kurzen Strecken zurücklegen, im Auto gern eine Sitzheizung haben.“ Eine Option, die sich daher glänzend verkauft. Denn ohne Aufpreis gibt’s das feine Goodie in keinem einzigen Modell der spanischen VW-Tochter. Auch nicht in der jeweils umfangreichsten Serien-Ausstattung. Dafür in speziellen „Leder“-, „Winter“- oder „Österreich“-Paketen.

Ist das fair gegenüber den Kunden? Ja, ist es! Denn preislich positioniert sich Seat mittlerweile als günstigste Marke innerhalb des VW-Konzerns. Also sogar unter Skoda. Wie sich zumindest bei den baugleichen Modellen Mii und Citigo sowie Toledo und Rapid unschwer feststellen lässt. Und das, obwohl Seat-Kunden laut Wurm ein etwas höheres Einkommen als Skoda-Kunden haben sollen.

Wie auch immer. Wer sich ein bisserl in Verzicht übt, wie etwa bei den beheizbaren Vordersitzen, erhält bei Seat gewissermaßen deutsche Qualität zum spanischen Bestpreis. Eine Kombination, die fraglos ihren Reiz hat. Welche Anreize und Neuheiten Seat künftig noch zu bieten hat, wurde im Gespräch mit Wolfgang Wurm ergründet.

Auto-Kaufberatung.at: Soeben habe ich von einem Ihrer Mitarbeiter erfahren, dass das Fahrwerk bei Seat Toledo und Skoda Rapid „eh identisch ist“. Offiziell oder inoffiziell?
Wolfgang Wurm: Weder noch. Der Toledo ist definitiv etwas sportlicher abgestimmt. Freilich mit Maß und Ziel. Zumal man Seat früher den Vorwurf gemacht hat, dass zum Beispiel der Leon zu hart abgestimmt sei. Das ist heute nicht mehr der Fall. Aber der eher sportliche Charakter ist trotzdem ein typisches Seat-Merkmal. Mit Unterschieden natürlich innerhalb der Baureihen. Denn einen Ibiza Cupra kaufen sich junge Leute, die es gern sportlich mögen, die Toledo-Zielgruppe ist dagegen nicht mehr so jung, worauf wir natürlich entsprechend Rücksicht nehmen.

AKB: Dass man aber auch bei Rapid und Toledo von verschiedenen Zielgruppen ausgeht, leuchtet mir nach wie vor nicht ganz ein. Die unterscheiden sich doch ebenso marginal voneinander wie die beiden Autos.
Wurm: Das würde ich nicht sagen. Tatsache ist vielmehr, und das ist erwiesen, dass der Seat- und der Skoda-Kunde heute meilenweit voneinander entfernt sind. Nicht nur, weil Seat-Kunden im Schnitt jünger sind, sie verfügen auch über ein etwas höheres Einkommen.

AKB: Welche Rolle spielt das Design für Seat?
Wurm: Eine sehr große! Jüngsten Umfragen zufolge gehört es für Seat-Kunden zu den wichtigsten Kaufgründen. Es ist sogar so, dass das Design nur bei ganz wenigen Marken einen ähnlich hohen Stellenwert hat. Bei Volkswagen gehört zum Beispiel die Markentreue zu den primären Kaufgründen, weil die VW-Kunden ausgesprochen loyal sind. Was ich mir manchmal auch für Seat wünschen würde, wenngleich wir mittlerweile innerhalb der Konzern-Marken die höchste Zuwachsrate bei der Kunden-Loyalität haben. Also sind wir auch da auf dem richtigen Weg. Welche enormen Fortschritte Seat beim Design gemacht hat, zeigt dabei der Umstand, dass genau dieses Kriterium für Autokäufer früher ausschlaggebend dafür war, keinen Seat zu kaufen. Was vor allem auf den vorigen Toledo zurückzuführen ist.

AKB: Schau’n wir lieber in die Zukunft. Welche Neuheiten sind von Seat in den nächsten ein bis zwei Jahren zu erwarten?
Wurm: Vorerst sind wir dabei, die letzten Motoren-Versionen vom neuen Leon einzuführen. Der 150-PS-TDI ist mittlerweile verfügbar. Dagegen haben wir beim 180-PS-TSI mit Schaltgetriebe derzeit ein kleines Lieferproblem, weil bemerkenswert viele Leon mit dem stärksten Benziner bestellt worden sind. Noch mehr überrascht hat mich aber, dass wir beim Leon derzeit zu 80 Prozent die höchsten Ausstattungs-Linien FR und Style verkaufen! Konkret ist FR mit 48 Prozent die Haupt-Einbaulinie. Und dabei spreche ich ausschließlich von Kunden-Fahrzeugen, also ohne Vorführwagen. Früher hat der FR-Anteil magere vier Prozent betragen.

„Schau mir in die Augen, Kleiner!“ Leon-Kunden fahren voll auf Voll-LED ab

AKB: Und weshalb sitzt der Geldbeutel bei den Leon-Kunden so locker?
Wurm: Ganz einfach: Wegen der tollen Voll-LED-Scheinwerfer, die es für Style und FR in günstigen Österreich-Paketen gibt. Ein durchschlagender Erfolg für uns.

AKB: Zurück zu den kommenden Modellen.
Wurm: Okay, der Leon Fünftürer ist auf dem Markt. Dann folgt der Leon SC, also das Sport Coupe, das im Rahmen des GTI-Treffens am Wörthersee (Anm.: 8. bis 11. Mai) eingeführt wird. Wahrscheinlich im November kommt der Leon Kombi ST und voraussichtlich Anfang 2014 der Leon ST mit Allrad-Antrieb.

AKB: Und das heiß ersehnte Seat-SUV? Wie ist denn da der aktuelle Status?
Wurm: Es wird ein SUV kommen. Frühestens aber Ende 2014.

AKB: In welcher Kategorie? So ungefähr Mitsubishi ASX?
Wurm: Ja, in der Klasse etwa.

AKB: Und zusätzlich ein größeres SUV-Modell, mehr in Richtung Hyundai Santa Fe, ist bei Seat nicht angedacht?
Wurm: Nein, das ist ein gefährlicher Markt. Diese größeren und erst recht ganz großen SUV-Klassen gehen ja schon wieder zurück. Die werden, nehmen wir an, in den nächsten Jahren noch mehr unter Druck geraten.

AKB: Wie schaut’s bei Seat mit einem trendigen Crossover-Modell aus? Also keinem Allradler wie dem Altea Freetrack, sondern etwa einem feschen Leon im Offroad-Look? Das schaut doch was gleich. Sogar im Tiefpreis-Segment, Beispiel Dacia Sandero Stepway.
Wurm: Crossover-Modelle sind natürlich im Trend, wenngleich eher mehr in Deutschland als in Österreich. Aber so ein Auto wäre sicher eine Bereicherung.

AKB: Bitte eine klare Antwort! Ihr seid doch so auf Design fokussiert. Ist ein Leon Crossover daher im Gespräch oder nicht?
Wurm: Ja, als Kombi. Und den kann man dann auch mit Allrad anbieten.

AKB: Aber kaum vor 2014?
Wurm: Sicher nicht. Doch unsere Kernwerte sind Design und Sportlichkeit! Was ich damit sagen will: Vom Leon GT haben wir in den letzten zwei Jahren mindestens 700 Stück jährlich verkauft. Ein toller Anteil bei insgesamt 2.500 bis 2.800 Leon. Daher ist Crossover-Design allein nicht selig machend. Seat steht vor allem für sportliches Design. Aber wir sind für alles offen. Für den Ibiza Cupra denken wir derzeit ganz eigene Versionen an.

AKB: Verstehe. Mit dem preiswerten Ibiza ließe sich überhaupt einiges machen…
Wurm (lacht): Gäbe es einen Ibiza auf Crossover-Basis, würde ich mich darüber sehr freuen.

AKB: Genug philosophiert. Wird der vierte Marken-Platz bzw. der Marktanteil von 5,8 Prozent, den Seat im Ausnahme-Monat Jänner erzielt hat, annähernd haltbar sein?
Wurm: Nein, das ist aber auch nicht unser Ziel. Wenngleich wir laufend Neuerungen haben, die zur Belebung der einzelnen Baureihen beitragen. Zum Beispiel frische Motoren. Für unser Zugpferd Ibiza den feinen Benziner mit 86 PS, der gleich zum Hauptmotor avancierte, oder für den Alhambra den 177-PS-TDI, der jetzt die 170-PS-Version ersetzt hat.

AKB: Aber mit Allrad-Antrieb wird es den Alhambra weiterhin lediglich in der TDI-Version mit 140 PS und manuellem Schaltgetriebe geben?
Wurm: Nur. Leider ja.

AKB: Ebenso wie den VW Sharan.
Wurm: Wobei der 4WD-Anteil beim Alhambra mit rund 20 Prozent klar höher ist als beim Sharan, der durch den stärkeren Flotten-Verkauf nicht so oft mit Allrad geordert wird. Wir haben eher kleinere Unternehmer als Kunden, wo der Chef selber fährt und sich dann auch einen Allradler gönnt.

AKB: Laut Statistik Austria wurden vom Alhambra im Vorjahr 2.964 Exemplare neu zugelassen und vom Sharan – relativ – bescheidene 4.381. Da hat sich das Verhältnis deutlich zu Gunsten von Seat verbessert.
Wurm: Ja, stimmt.

AKB: Welche Stückzahlen-Erwartungen haben Sie für die neuen Baureihen Leon und Toledo?
Wurm: Verkauft haben wir vom Leon voriges Jahr rund 2.600 Stück (Anm.: 2.450 Zulassungen lt. Statistik Austria), was nicht schlecht, aber auch nicht überragend gut ist, zumal sich der Modell-Auslauf natürlich entsprechend ausgewirkt hat. Und mit dem neuen Modell, das Ende November eingeführt wurde, visieren wir heuer die 3.000-Stück-Marke an.

AKB: Obwohl Leon SC und ST erst später folgen?
Wurm: Ja, sicher, denn bisher hatten wir ja auch nie einen Dreitürer und einen Kombi beim Leon. Und für den Toledo wiederum haben wir uns eine Stückzahl von 800 vorgenommen.

AKB: Genauso viel, wie Skoda für den Rapid geplant hat. Eine Menge, die laut Skoda-Chef Max Egger ja auch mit der Produktions-Kapazität im ersten Jahr zu tun hat. Oder ist die Anzahl der Rapid- und Toledo-Kunden etwa deckungsgleich?
Wurm: Warten wir’s ab. Ich glaube, mit dem Toledo der vierten Generation haben wir wieder die Chance, verstärkt junge Familien anzusprechen, wie es beim ersten Toledo noch war. Von dem haben wir in der besten Zeit 2.500 Stück jährlich verkauft. Der zweite war auch noch auf diesem Level. Und beim dritten, dessen Design kritisiert wurde, war dann bekanntlich Schluss.

AKB: Nach dem vorjährigen Absatz-Minus von 12,73 Prozent für Seat Österreich dürfte demnach heuer mit einer Besserung zu rechnen sein?
Wurm: Ein neuer Leon und ein neuer Toledo müssen zumindest einen leichten Zuwachs ergeben. Wirklich große Sprünge sind aber bei einem Marktanteil von mehr als vier Prozent nicht mehr möglich.

Worauf die Senioren abfahren? Auf Automatik-Getriebe, vor allem beim Seat Mii

AKB: Vor zehn Monaten habe ich Sie darauf angesprochen, weshalb es beim Kleinwagen Ibiza eine DSG-Automatik nur für den 150-PS-Benziner gibt. Mittlerweile erstreckt sich das DSG-Angebot ja auch auf TDI und TSI mit 105 PS. Ist die Nachfrage der Rede wert?
Wurm: Allerdings. Und zwar primär bei unseren Kunden aus Wien. In der Großstadt gibt es eine Automatik-Nachfrage, die durchaus der Rede wert ist. Wobei sie beim Kleinstwagen Mii sogar auffallend groß ist. (Anm.: Dabei handelt es sich jedoch um kein DSG, sondern um ein automatisiertes Fünfgang-Schaltgetriebe.) Was sich durch den Umstand erklärt, dass die Mii-Kundschaft bedeutend älter ist als die vom Ibiza.

AKB: Streifen wir kurz das Thema Neuwagen-Verkauf übers Internet. Darüber kann man denken, wie man will. Jedenfalls hat’s beim Hyundai i10 laut Hansjörg Mayr bisher gut funktioniert. Doch warum hat sich der auf 80 Stück limitierte @Mii erst wie warme Semmeln verkauft, um dann – ums im Branchen-Jargon zu sagen – wie eine Standuhr zu stehen? Aktuell sind noch 29 @Mii übrig. (Anm.: Inzwischen ist auch das ursprüngliche Online-Portal nicht mehr zugänglich.)
Wurm: Der @Mii kostet ja nicht 6.500 Euro wie der Internet-Hyundai, sondern ist ein designorientiertes, etwas teueres Modell…

AKB: War das ein Fehler bei Seat?
Wurm: Nein, das nicht. Aber einerseits glaube ich nicht langfristig an einen Internet-Verkauf. Und andererseits, wenn man die Wahl hat, ist ein Einstiegs-Ibiza SC um 9.990 Euro eben ein noch reizvolleres Angebot, weil das Auto größer und auch schicker ist als der Mii.

AKB: Sind Sie vom Mii-Verkauf nicht grundsätzlich enttäuscht? Bei unserem vorigen Gespräch war ich ja noch verwundert, dass Sie für 2012 nicht mehr als 400 Einheiten geplant hatten. Tatsächlich sind es dann 393 Zulassungen geworden, während Skoda vom Citigo immerhin 563 und VW vom – früher am Markt befindlichen – up! die markenadäquate Menge von 2.959 Stück verkauft hat.
Wurm: Enttäuscht bin ich überhaupt nicht, denn mehr Mii hatten wir uns ja nicht vorgenommen.

AKB: Und mit wie vielen wird sich Seat heuer begnügen, im ersten vollen Jahr für den Mii? Mit rund 600?
Wurm: So viele werden es sicher nicht.

AKB: Da komm’ ich nicht ganz mit. Der Mii kam im Mai 2012 auf den Markt und hat sich im restlichen Jahr fast 400-mal verkauft. 2013 haben Sie mindestens vier Verkaufsmonate mehr und peilen trotzdem keine 600 Stück an?
Wurm: Weil wir ein anderes Konzept haben und uns zum Beispiel mehr auf den Ibiza Chili konzentrieren werden. Oder überhaupt auf den Ibiza, weil Seat-Kunden lieber einen Vier- als Dreizylinder kaufen, mit dem der Mii derzeit ausschließlich angeboten wird.

AKB: Heißt doch im Klartext: Beim Ibiza profitieren die Seat-Händler von besseren Margen.
Wurm: Ja, richtig. Und auch die Verkäufer verdienen wesentlich mehr. Der Mii ist einfach sauknapp kalkuliert.

AKB: Andere Kleinstwagen sind das nicht? Nur ein Beispiel: Fiat verkauft vom – motorisch natürlich vielfältigeren – Panda ein Vielfaches dessen, was Seat vom Mii auf die Straße bringt.
Wurm: Haben Sie sich schon mal die Kurzzulassungs-Statistik vom Fiat Panda angeschaut? Die liegt jenseits von 50 Prozent. Und das ist kein Einzelfall. Wenn Sie sich die Kurz-Zulassungen vom Vorjahr zu Gemüte führen – ich rede da von 180 Tagen –, dann werden Sie nur zwei Marken mit starken Rückgängen finden, nämlich Hyundai und Seat.

AKB: Hyundai freilich von einem guten Level. Ich hoffe, dass mir dort niemand bös’ ist wegen der Bemerkung, aber es ist ja kein Geheimnis.
Wurm: Nicht wirklich. Andererseits passieren Kurz-Zulassungen in jedem europäischen Markt. Nur in Österreich wird darüber witziger Weise hitzig diskutiert. Trotzdem muss man dabei natürlich mit Bedacht vorgehen. Man darf’s ja nicht übertreiben.

Und damit geht es zur Probefahrt mit dem Seat Toledo in die Foto-Galerie, wo wir es ebenfalls nicht „übertreiben“, weil sich Toledo und Skoda Rapid schließlich weitgehend gleichen. Wesentlicher Unterschied: Den Rapid fuhren wir mit dem spritzigen 86-PS-Benziner, den Toledo mit dem sparsamen Common-Rail-Diesel, der 105 PS leistet. Zu den Seat-Händlern rollen die ersten Toledos am 15. März. Warten muss man dagegen auf den 90-PS-Diesel. Dieser besonders beliebte Selbstzünder wird erst im Laufe des Jahres verfügbar sein.

Stand: Februar 2013

Website des Importeurs: www.seat.at

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